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Ernährung

Die richtige Ernährung vor einer langen Ausdauereinheit

Lange Einheiten – ob beim Laufen, Radfahren oder Schwimmen – bilden den Grundpfeiler des Ausdauertrainings. Um das Maximum herauszuholen, ist die Ernährung vor der Belastung entscheidend. Hier eine klare, praxisnahe Strategie, abgestützt auf wissenschaftliche Studien.

Warum die Mahlzeit vor dem Training entscheidend ist

Bei einer langen Belastung nutzen die Muskeln sowohl Glykogen (gespeicherte Kohlenhydrate in Leber und Muskeln) als auch Fett. Das Problem: Die Glykogenspeicher sind begrenzt und können nach ~90 bis 120 Minuten intensiver Belastung erschöpft sein (Cermak & van Loon, 2013). Eine passende Mahlzeit sorgt dafür, dass die Speicher voll sind, verzögert die Ermüdung und verhindert den «Hungerast».

Einige Athleten ziehen es jedoch vor, nüchtern zu trainieren. Vorteile, Grenzen und Varianten findest du in diesem Artikel über Nüchterntraining.

Wie viele Kohlenhydrate solltest du essen?

Richtwerte liegen bei (Thomas et al., 2016) 1 bis 4 g Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht in den 1 bis 4 Stunden vor der Belastung.

  • 3–4 g/kg: vollständige Mahlzeit 3–4 Stunden davor.
  • 2 g/kg: leichtere Mahlzeit ca. 2 Stunden davor.
  • 1 g/kg: gut verdaulicher Snack in der Stunde davor.

Passe die Menge an deine Verdauung, die geplante Dauer/Intensität und deine Gewohnheiten an.

Was konkret wählen?

Kohlenhydrate, die sich eignen
  • Weiss- oder Vollkornbrot, Reis, Pasta, Haferflocken.
  • Reifes Obst: Banane, Mango, Datteln.
  • Kurz vor dem Start: Saft, Sportgetränk, Kohlenhydrat-Riegel.
Etwas Eiweiss
  • Nature- oder Fruchtjoghurt, Frischkäse, Eiweiss.
Fett und Ballaststoffe direkt vor der Belastung vermeiden

Bestimmte Fette und Ballaststoffe können die Verdauung belasten:

  • Fette: Butter, sehr fettreicher Käse, Wurstwaren, Frittiertes.
  • Ballaststoffe: grosse Mengen Rohkost, Salate, Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen).

Diese Lebensmittel verzögern die Magenentleerung und erhöhen das Risiko von Verdauungsproblemen während der Belastung.

Praktische Beispiele (Athlet 75 kg)

Die Mengen unten beziehen sich auf verfügbare Kohlenhydrate (≈ Durchschnittswerte gängiger Produkte). Passe sie je nach Marke und deiner Verträglichkeit an.

3 Stunden vorher (≈ 3 g/kg = 225 g Kohlenhydrate)
  • 200 g gekochte Pasta ≈ 50 g
  • 3 Scheiben Weissbrot ≈ 45 g
  • 1 Banane ≈ 25 g
  • 1 gezuckerter Joghurt (125 g) ≈ 25 g
  • 1 Glas Orangensaft (250 ml) ≈ 30 g
  • 40 g Rosinen ≈ 32 g
  • 1 kleiner Müsliriegel ≈ 25 g
2 Stunden vorher (≈ 2 g/kg = 150 g Kohlenhydrate)
  • 2 Scheiben Brot mit Konfitüre ≈ 50 g
  • 1 kleiner Müsliriegel ≈ 25 g
  • 1 Apfel ≈ 20 g
  • 1 Glas Saft (250 ml) ≈ 30 g
  • 30 g Rosinen ≈ 25 g
1 Stunde vorher (≈ 1 g/kg = ~75 g Kohlenhydrate)
  • Sportgetränk (500 ml) ≈ 30 g
  • 1 reife Banane ≈ 25 g
  • 3 Datteln ≈ 18–20 g

Spielt der glykämische Index eine Rolle?

Die Wahl der Kohlenhydrate hängt nicht nur von der Menge ab, sondern auch von der Geschwindigkeit, mit der sie verdaut und als Energie verfügbar werden. Hier kommt der glykämische Index (GI) ins Spiel, der misst, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel beeinflusst.

  • Niedriger GI (≤ 55): langsame, gleichmässige Energiefreisetzung → hilft, die Energie zu stabilisieren. Gute Wahl, wenn du 3–4 h vorher isst (z. B. Vollkornreis, Haferflocken, Apfel).
  • Hoher GI (≥ 70): schnelle Verfügbarkeit → nützlich, wenn du in der Stunde davor isst (z. B. Weissbrot, Datteln, Saft).

In der Praxis: der GI ist nicht der Schlüsselfaktor für die Leistung, aber er hilft dir, die Art der Kohlenhydrate mit dem Timing der Mahlzeit abzustimmen (Burke et al., 2011).

Hydration: oft unterschätzt

Wenn du durch Schwitzen oder ungenügende Flüssigkeitsaufnahme nur etwa 2 % deines Körpergewichts an Wasser verlierst, wirkt sich das schon negativ auf deine Leistung aus.

  • In den 2 Stunden davor: ≈ 500 ml Wasser.
  • Direkt vor dem Start: 200–300 ml (mehr bei Hitze).
  • Wenn die Einheit länger als 90 Min dauert: eine Sportgetränk (6–8 % Kohlenhydrate) mit Elektrolyten einplanen.

Gleiche Regeln für Laufen, Radfahren und Schwimmen?

Die Grundprinzipien gelten für alle Ausdauersportarten, aber jede Disziplin hat ihre Eigenheiten – besonders, was die Verdauung betrifft.

Beim Laufen machen die ständigen Erschütterungen die Verdauung sensibler. Daher ist eine leichte, ballaststoffarme Mahlzeit ratsam, um Unwohlsein zu vermeiden.

Beim Radfahren erleichtert die Sitzposition die Verdauung etwas. Hier darf die Mahlzeit auch etwas grösser ausfallen – vorausgesetzt, sie wird früh genug vor dem Aufsitzen gegessen.

Beim Schwimmen ist das Hauptproblem das Gefühl von Schwere, wenn man zu kurz vor dem Start isst. Besser ist eine sehr leicht verdauliche Zwischenmahlzeit, etwa eine Banane oder ein Sportgetränk.

Fazit

  • 1–4 g/kg Kohlenhydrate in den 1–4 h davor, je nach Timing und Verträglichkeit.
  • Fette und Ballaststoffe begrenzen, um Verdauungsprobleme zu vermeiden.
  • Niedriger GI, wenn die Mahlzeit länger zurückliegt, hoher GI, wenn der Snack kurz vor dem Start liegt.
  • Hydration ab dem Aufstehen sicherstellen.
  • Konsistenz und Volumen an die Sportart anpassen.

Wer seine Mahlzeit vor dem langen Training gut plant, startet mit vollen Energiereserven und reduziert das Risiko von Einbrüchen.

Referenzen
  1. Thomas DT, Erdman KA, Burke LM. Position of the Academy of Nutrition and Dietetics, Dietitians of Canada, and the American College of Sports Medicine: Nutrition and Athletic Performance. J Acad Nutr Diet. 2016;116(3):501-528.
  2. Cermak NM, van Loon LJ. The Use of Carbohydrates during Exercise as an Ergogenic Aid. Sports Med. 2013;43(11):1139-1155.
  3. Burke LM, Hawley JA, Wong SHS, Jeukendrup AE. Carbohydrates for Training and Competition. J Sports Sci. 2011;29(sup1):S17-S27.