Kategorien
Kraft und Beweglichkeit Laufen

Krafttraining für Läufer*innen

Kraft brauchen alle, das ist klar. Doch soll man Kraft an den Geräten, mit Freihanteln oder dem eigenen Körpergewicht trainieren? Die unterschiedlichen Möglichkeiten im Überblick.

 

 

Wie sollen Ausdauersportler*innen am besten ihre Muskeln trainieren?

Keine Frage, der Mensch braucht Muskeln, sonst könnte er sich nicht einmal in Ruhe auf einem Stuhl halten. Eine Notwendigkeit ist eine starke Muskulatur auch für Sportler*innen. Ein Ausdauertraining stärkt Herz, Kreislauf und Stoffwechsel, Krafttraining die Muskulatur. Läufer*innen brauchen beides. Aber ebenso gilt: Ein schnelles Laufen und eine überdimensionierte Muskulatur lassen sich nur bedingt miteinander verbinden. Wirklich schnelle Läufer*innen sind automatisch schlank und feingliedrig gebaut. Stellt sich also die Frage, wie denn Läufer*innen am besten Kraft trainieren sollen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

Allgemeines zum Krafttraining

Ein Krafttraining besteht in der Regel aus mehreren Übungen, die in Form von Serien absolviert werden. Je nach gewähltem Gewicht sind Serien von 1 bis zu mehr als 100 Wiederholungen denkbar. Bei wenigen Wiederholungen und entsprechend schweren Gewichten handelt es sich um Maximalkrafttraining (intramuskuläres Koordinationstraining). Sind rund 8 bis 15 Wiederholungen möglich, spricht man von Hypertrophietraining, da in diesem Intensitätsbereich der Volumenzuwachs der Muskulatur am höchsten ist. Das sogenannte Kraftausdauertraining findet bei Wiederholungszahlen von rund 20 bis 40 statt. Hier wird neben der eigentlichen Kraft auch die Fähigkeit trainiert, diese Kraft über einen längeren Zeitraum einzusetzen. Noch geringere Widerstände ermöglichen Wiederholungszahlen von 50 und mehr. In diesem Falle spricht man weniger von einem Krafttraining, sondern von einem intermuskulären Koordinationstraining (IMK oder auch IKT).

Krafttraining wird vom Leichten zum Schweren aufgebaut. Eine neue Übung wird über das intermuskuläre Koordinationstraining mit wenig Gewicht eingeleitet, ein Weile im Kraftausdauerbereich durchgeführt und dann bis zum Hypertrophiebereich weiter intensiviert. Der eigentliche Maximalkraftbereich ist für Ausdauer-Breitensportler*innen in der Regel nicht erforderlich. Zwischen den einzelnen Serien (meist 2 bis 3) werden Serienpausen eingelegt, die umso länger sind, je intensiver die Belastungen waren. Beim Hypertrophietraining können Serienpausen von 5 Minuten erforderlich sein. Und wenn der Muskel vollständig ermüdet ist, sollte man diesen Muskel nicht mehr weiter belasten. Beim Kraftausdauertraining liegen die Serienpausen in der Grössenordnung von 45 bis 90 Sekunden.

Brauchen Ausdauersportler*innen Maximalkrafttraining?

Maximalkrafttraining ist Krafttraining mit höchsten Intensitäten, d.h. schwersten Gewichten. Für das Hypertrophietraining (d.h. Body Building, höchste Umfangzunahme der Muskulatur) werden Gewichte gewählt, die pro Serie etwa 8 bis 15 Mal bewegt werden können. Ein derartiges Training hat natürlich auch Auswirkungen auf die Maximalkraft. Das eigentliche Maximalkrafttraining wird allerdings mit noch höheren Gewichten durchgeführt, so dass nur 3 bis 1 Wiederholung möglich sind.

Für Ausdauersportler*innen ist eine Kombination aus Maximalkrafttraining und Hypertrophietraining dann sinnvoll, wenn im Spitzensport kurzfristig maximale Leistungsspitzen erbracht werden müssen oder Verletzungen und/oder Leistungsdefizite darauf schliessen lassen, dass es an Muskelkraft für den Bewegungsablauf des Laufens mangelt. Besonders heikle Muskelgruppen sind z.B. die Hüftabduktoren (mittlerer und kleiner Gesässmuskel), die dafür verantwortlich sind, das Becken auf dem jeweiligen Standbein sicher zu stabilisieren. Meist reichen aber Belastungen aus, die Wiederholungszahlen von 10 bis 15 erlauben.

Training mit hohen Gewichten kann durchaus ganzjährig durchgeführt werden. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass ein solches Training die Laufleistung vorübergehend mindern kann. Also sollte zu einem Wettkampf ein Abstand von mindestens zwei Wochen eingehalten werden, bei Läufer*innen, die des Krafttrainings ungeübt sind, noch mehr. Krafttraining lässt sich aber auch problemlos in Form eines oder mehrerer Blöcke ins Jahresprogramm integrieren. Vorzugsweise natürlich in der Phase des Aufbaus bzw. der wettkampffreien Zeit.

Was bringen Übungen mit dem eigenen Körpergewicht?

Das eigene Körpergewicht stellt für das Krafttraining eine wünschenswerte, weil leicht verfügbare Belastung dar und kann vor allem immer und überall eingesetzt werden, auch während einem Lauftraining unterwegs. Allerdings ist die Dosierung nicht ganz so einfach, da bei vielen Übungen eine wirkliche Variation der Belastung nicht möglich ist. Bei den wirksamen und beliebten Stützübungen, die meist isometrisch, also ohne Bewegung ausgeführt werden, lässt sich die Belastung nur über eine Veränderung der Hebelverhältnisse variieren. Diese Übungen bieten allerdings den Vorteil, dass sie den ganzen Körper integrieren, woraus eine praxisgerechte Belastung der Muskulatur resultiert. Mit dem eigenen Körpergewicht sinnvoll sind komplexe Übungen mit einem Bewegungsablauf. So wird der Körper nicht nur gekräftigt, sondern muss gleichzeitig auch Ansprüche in Sachen Beweglichkeit und Koordination bewältigen.

Was ist der Vorteil im Fitnesscenter?

Geräteübungen im Fitnesscenter sind beliebt, und dies nicht zu Unrecht. Ein Training an Maschinen erlaubt es, praktisch jeden Muskel einzeln zu kräftigen. Und weil die Maschinen die Bewegungen schön führen, kann nicht so viel falsch gemacht werden. Für eine allgemeine und vielseitige Kräftigung ist ein Kraftcircuit an Maschinen daher durchaus zu empfehlen. Die Voraussetzung für ein zielgerichtetes Training besteht allerdings in der Kenntnis der eigenen muskulären Schwächen. Und welcher Muskel in einer Kette von mehreren (z.B. Streckerkette des Beines, bestehend aus Zehenbeugern, Wadenmuskulatur, Kniestreckern, Hüftstreckern) zu schwach ist, so dass seine Funktion teilweise von anderen Muskeln übernommen werden muss, ist oft nur schwierig zu definieren. So kann es in zahlreichen Fällen mehr Sinn machen, die Muskulatur gesamthaft in ihrer eigentlichen Bewegung und nicht isoliert zu kräftigen. Im Fitnessstudio werden die einzelnen Muskeln meist separat trainiert, ob letztendlich zum Vor- oder Nachteil der Gesamtfunktion, bleibt verborgen.

Krafttraining: Besser mit oder ohne Kraftmaschinen?

Krafttraining vor oder nach dem Lauftraining?

Das Training, dessen Inhalt für den jeweiligen Trainingstag man besonders betonen möchte, sollte an den Anfang des Programms gestellt werden. Will man also in Bezug auf die Muskelkraft weiterkommen und das Krafttraining stellt die wichtigste Trainingsmassnahme dar, beginnt man damit und läuft hinterher noch ein paar Kilometer. Geht es aber vor allem um die Ausdauereffekte und die Kraftarbeit dient nur der Erhaltung zuvor erworbener Fähigkeiten, wird zunächst der Dauerlauf absolviert und danach werden noch ein paar Gewichte gehoben. Allerdings sollte man schon gut trainiert sein, wenn man zwei Einheiten am gleichen Tag absolvieren möchte.

Wie lange erholen nach dem Krafttraining?

Krafttraining, vor allem wenn es in den sog. Hypertrophiebereich geht (also mit recht hohen Intensitäten durchgeführt wird), beansprucht die Muskulatur eindeutig höher als das Ausdauertraining. Darum ist nach dem Krafttraining eine Pause von 48 bis 72 Stunden ratsam, bevor das nächste gleichartige Programm absolviert werden kann. Während tägliches, bei Spitzenathlet*innen auch zweimal tägliches Ausdauertraining problemlos verkraftet wird, muss beim Krafttraining zurückhaltender vorgegangen werden. Sonst ist die Gefahr von Überlastungserscheinungen gross; und der erwünschte Fortschritt bleibt aus. Echtes Krafttraining sollte daher von Ausdauersportler*innen nicht häufiger als dreimal pro Woche durchgeführt werden. Gymnastische Kraftübungen hingegen können beliebig oft ausgeführt werden.

Hanteltraining zu Hause?

Hanteltraining stellt eine hochwirksame Form des Krafttrainings dar und ist bei Spitzenathlet*innen besonders beliebt. Beim Hanteltraining können ganz Muskelketten vollständig trainiert werden (z.B. Kniebeuge), die Hilfsmuskulatur wird eingesetzt (Ausbalancieren des Gewichtes), die Bewegungen können beliebig variiert und denen der Kernsportart angepasst werden. Ein solches Training lässt sich zu Hause leicht realisieren, zumal sich der finanzielle Aufwand in Grenzen hält. Nachteilig sind für den Anfänger die hohen koordinativen Anforderungen und das erforderliche Wissen, wie die Übungen gemacht werden müssen. Eine Übung mit der freien Langhantel sauber auszuführen ist erheblich schwieriger, als am Gerät einen Hebel um eine definierte Achse zu bewegen wie im Fitnesscenter.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Krafttraining für Ausdauersportler*innen eine wichtige bis unverzichtbare Ergänzung seines Ausdauerprogrammes darstellt und zwei-, bis dreimal wöchentlich pro Woche durchgeführt werden sollte, allenfalls blockweise. Je näher sich die im Krafttraining ausgeführten Bewegungen an denen orientieren, die in der Primärsportart gefordert werden, desto effektiver wird es sein.

Krafttraining für Laufsportler: Tipps von Viktor Röthlin

 

Text von FITforLIFE – dieser Blogbeitrag wurde uns vom Schweizer Magazin FIT for LIFE zur Verfügung gestellt. Willst du regelmässig informative Wissensartikel im Bereich Lauf- und Ausdauersport lesen, dann klicke hier.

fit for life logo