Tapes sind eine gute Ergänzung zu anderen Therapien. Sei es zur Schmerzlinderung, um Bewegungsabläufe zu verbessern oder zur Muskelentspannung.
Als sich 2010 der italienische Fussballer Mario Balotelli nach einem Treffer im Halbfinal das Leibchen vom Leib riss, starrten viele Zuschauer auf die drei türkisfarbenen Streifen an seinem Rücken und fragten sich: «Was soll das?»
Elf Jahre später sind die Tapes aus der Behandlung von Sportlern nicht mehr wegzudenken. Sie sind kein Wundermittel gegen Schmerzen – aber sie helfen in der Praxis oft erstaunlich gut. Leider kommen diese «Puzzlesteinchen» im gesamten Behandlungskonzept oft zu kurz.
Bewegungsabläufe verbessern
Anfangs galten die bunten Klebebänder, die der Japaner Kenzo Kaze 1979 entwickelt hatte, als reine Plazebos. Mittlerweile allerdings haben doch einige – allerdings kleine – Studien gezeigt, dass beispielsweise die Muskelkraft beim Tapen zunehmen kann und dass Taping die Körperwahrnehmung verbessert.
Was sich an oder in bestimmten Körperbereichen wie etwa dem Rücken abspielt, nimmt das Gehirn im Allgemeinen viel schlechter wahr als beispielsweise an den sensiblen Fingerkuppen. Durchs Taping verbessert sich die Körperwahrnehmung für die Stellen, an denen die Tapes kleben. Sie lenken die Aufmerksamkeit verstärkt dorthin, die «Vernetzung» mit dem Gehirn verbessert sich und das führt dazu, dass Bewegungsabläufe besser gesteuert werden.
Deshalb profitieren schlecht trainierte Sportler oder Menschen mit schlechter Körperkontrolle oft stärker vom Taping als Leistungssportler. Denn bei den schlechter Trainierten werden die Muskeln vom Gehirn weniger gut «angesteuert». Das Tape liefert dann quasi eine zusätzliche Information ans Gehirn.
Lohnt sich oft nach einem Bänderriss
Auch bei akuten Verletzungen wie dem Supinationstrauma (Umknicken) des Fussknöchels macht es Sinn zu tapen.
Die akute Schwellung und Bluterguss bilden sich mit einem Lymphtape deutlich schneller zurück.
Wie bei jedem Trauma kommt es zudem zu einem Untergang der für die Stellungskontrolle wichtigen Rezeptoren. Auch in diesem Fall kann das Tape helfen, um das «Bewusstsein» für die Stellung des Gelenks wieder zu schärfen. Das Taping lohnt sich aber sollte das Trauma schon einige Wochen her sein.
Im Allgemeinen proftieren Gelenke mit hohen Freiheitsgraden wie Schulter und Knie, die vor allem über Muskeln und Sehnen stabilisiert werden, mehr vom Tapen.
Gute Therapieergänzung beim «runners leg»
Trainingsüberlastungen wie das «runners leg» oder «jumpers knee» sprechen ebenfalls oft gut aufs Taping an. Die Klebebänder mit dem wellenförmig aufgebrachten Klebefilm können hier die Schmerzen und die Erholungszeit verkürzen.
Auch einen Zuwachs an Kraft, Geschwindigkeit, Leistung und Verkürzung der Regeneration nach Training im anaeroben Bereich haben verschiedene Studien schon zeigen können. Die Tapes stimulieren die Hautrezeptoren und über diese werden vermutlich mehr motorischen Einheiten im Muskel rekrutiert.
Ihre Plazebowirkung ist aber sicher auch nicht zu unterschätzen – doch warum sollte man die nicht auch nützen?
Tipps:
- Am besten lässt du dir das Tape beim ersten Mal von einer Fachperson anlegen und die Anlage erklären. Mach dabei einige Fotos. Sie helfen dir, wenn du das Tape einmal selbst anlegen willst.
- Kaufe Tapes von guter Qualität, bei ihnen hält der Kleber länger. Die Hersteller von guten Tapes geben übrigens oft auch gute Anleitungen ab, wie man vorgeht. Erkundige dich nach der optimalen Taping-Methode für dein Problem.
- Wenn du einen Muskel entspannen willst, folgt das Tape dem Verlauf des Muskels vom Muskelansatz bis zum -ursprung. Umgekehrt legst du es an, wenn du den Muskel anspannen möchtest. Eine andere Variante ist, vom Fixpunkt des Muskels zum mobilen Punkt zu tapen.
- Heutzutage wird auch oft «funktionell» getaped. Das bedeutet, dass eine Kombination von Muskeln in der Bewegung (zum Beispiel in Innen- oder Aussenrotation) getaped wird. Dabei machst du beim Anlegen des Tapes die Bewegung, um die es geht.
- Beim Tapen einer Sehne empfiehlt es sich, zusätzlich ein Band quer zur Sehne (Ankertape) anzubringen, um sie zu entlasten.
- Ob die Farbe eine grosse Rolle spielt, ist umstritten. Schwarz wärmt sich in der Sonne auf und wärmt damit auch den Muskel darunter, das tut oft wohl. «Kühle» Farben wie Blau werden oft bei Schmerzen zur Entspannung verwendet. «Warme» Farben sollen den Muskeltonus angeblich eher erhöhen.
- Wie stark die Tapes beim Aufkleben gedehnt werden, hängt davon ab, was getapet werden soll. Um den Lymphabfluss zu verbessern, damit ein Bluterguss schneller verschwindet, spannst du das Tape beim Aufkleben etwa auf die 1,5-fache Länge. (Also zum Beispiel zehn Zentimeter (cm ) von der Bandrolle abschneiden, wenn du nachher eine Strecke von 15 cm bekleben willst.) Zudem musst du zum Lymphtaping das Tape in dünne Streifen schneiden, so dass sich ein sogenannter Oktopus bildet – oder du kaufst schon vorgeschnittene Lymphtapes.
- Beim Tapen eines Muskels wird das Tape um zehn (bis maximal 20) Prozent gedehnt. Brauchst du zum Beispiel ein elf Zentimeter (cm) langes Stück, schneidest du also zehn Zentimeter von der Bandrolle ab.
- Wenn du mit der Schere alle vier Ecken abrundest hält das Band länger, weil sich keine Ecken an der Kleidung verfangen können.
- Sehr fettige Haut vor dem Aufkleben entfetten, zum Beispiel mit Desinfektionsmittel.
- Das Tape wird mit gleichmässigem Zug auf die trockene Haut geklebt. Die beiden Enden sollen jeweils ohne Zug aufgeklebt werden, um Hautreizungen durch den Kleber zu verhindern. Die meisten angeblichen Allergien aufs Tape sind in Wirklichkeit Hautreizungen durch falsche Klebetechnik.
- Nach dem Aufkleben dauert es circa 30 Minuten, bis das Tape mit der Haut verklebt ist. Das Ausstreichen des Tapes von der Mitte nach aussen verbessert das Ankleben. Nach der Einwärmphase kannst du mit dem Tape alles machen: Duschen, Schwimmen, Velofahren und Laufen. Das Tape nach dem Duschen jeweils trocken tupfen, nicht rubbeln.
- Wasserfeste Tapes sind manchmal sehr steif. Normale Tapes genügen meist. Sie halten auch im Wasser. Bei starkem Schwitzen sind perforierte Tapes zu empfehlen, weil sie länger halten.
- Das Tape kann drei bis sieben Tage belassen werden. Allerdings verliert es mit jedem Tag an Elastizität.
- Taping ist immer nur eine Ergänzung, die mit der Akutbehandlung, manuellen Behandlung oder Massagen kombiniert werden kann. Und Taping allein bringt auch keine Verletzung zum Abheilen. Es ist ein Puzzlesteinchen in der Therapie – aber einer, der oft zu kurz kommt. Verlass dich also nicht allein auf das Tape!
- Nicht unmittelbar vor einem Wettkampf tapen lassen, sondern besser zwei bis drei Stunden vorher.
- Bei akuten Hauterkrankungen oder offenen Verletzungen kein Tape aufkleben.
- Personen mit echter Allergie gegen die Tapes sollten sie nicht mehr verwenden.
Autor:
Dr. med. Hardy Hartmut Hüttemann, Leiter Medbase Sports Medical Center Basel Heuwaage, Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Sportmedizin
Wer ist Medbase?
Medbase ist das grösste multidisziplinäre sportmedizinische Netzwerk der Schweiz und bietet spezialisierte sportmedizinische Dienstleistungen für Athletinnen und Athleten, Vereine und Sportverbände aller Aktivitätsstufen in den Bereichen Sportmedizin, Sportphysiotherapie, Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung.