Mit Training in dünner Höhenluft streben Top-Athleten nach Bestform. 2PEAK gibt eine Übersicht über Methoden und Erfahrungen mit Höhentraining.
Das Höhentraining basiert auf dem Prinzip, durch einen leichten Sauerstoffmangel, auch Hypoxie genannt, einen Stimulus für das Training zu schaffen, um so neue Leistungsreserven zu erschließen. In höheren Lagen verringert sich der Luftdruck, was zu einer reduzierten Sauerstoffmenge pro Atemzug führt und somit die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
In einer Höhe von 2.500 Metern erhält der Körper mit jedem Atemzug etwa 27 Prozent weniger Sauerstoff. Obwohl die Luft dünner ist, bleibt der relative Sauerstoffgehalt mit 20,9 Prozent gleich wie auf Meeresebene. Wenn man den Körper dieser Sauerstoffknappheit über einen längeren Zeitraum aussetzt, stellt er sich darauf ein. Die Atmung wird schnell effizienter. Unter dem Einfluss des körpereigenen Hormons Erythropoietin (EPO) vermehren sich die roten Blutkörperchen, was die Fähigkeit des Bluts verbessert, Sauerstoff zu transportieren.
Der Körper benötigt etwa vier Wochen, um sich vollständig an die neuen Bedingungen der Höhe anzupassen. Dabei ist zu beachten, dass Höhentraining nicht einfach ein intensiveres Training auf Normalniveau darstellt. Aufgrund der Höhenlage kommt es zu spezifischen Anpassungsreaktionen: Schon bei wesentlich geringerem Einsatz von Kraft als gewohnt, wird Sauerstoff zur Mangelware, was die Muskelzellen dazu zwingt, effizienter mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen. Ein Effekt, der bei langem Aufenthalt in der Höhe eintreten kann – und über den auch Bergsteiger berichten –, ist die Reduktion der Muskelmasse aufgrund der verringerten Leistungsfähigkeit. Dabei verbessert sich zwar die relative Kapillarisierung, was eine bessere Sauerstoffversorgung der verbleibenden Muskeln ermöglicht, jedoch nimmt die Gesamtkraft ab.
Mögliche Effekte des Höhentrainings:
+ effizientere Atmung
+ höhere Sauerstofftransportkapazität des Bluts
+ höhere anaerobe Belastbarkeit
+ effizienterer Sauerstofftransport in der Muskelzelle
+ 1 – 5 Prozent Leistungszuwachs an der anaeroben Schwelle
Sehr verschiedene Spielarten des Höhentrainings sind erfolgreich (siehe Übersicht weiter unten). Das überrascht. Andererseits setzen alle Methoden Reize jenseits des Gewohnten, und auch das macht den Erfolg von Training aus. Die Wissenschaft ist noch zu keinem eindeutigen Urteil gelangt. Ganz offensichtlich gibt es außerdem eine individuelle Komponente, die Höhentraining nicht bei allen Personen gleich gut anschlagen lässt. Aber auch die Art der Vorbereitung spielt offenbar eine wichtige Rolle.
Benoit Nave, Coach bei 2PEAK, hat schon etliche Höhentrainingslager mit einer Vielzahl von Top-Athleten bestritten und festgestellt, „dass Sportler, bei denen das Höhentraining in der Vergangenheit nicht anschlug, entweder nicht gesund waren oder falsch trainiert hatten». Mit geänderter Ernährung und anderem Training hätten, so Nave, dann auch diese Sportler vom Höhentraining profitiert.
Erstaunlich ist, dass bis heute nur sehr wenige gesicherte Erkenntnisse über Höhentraining existieren. Prof. Dr. Andreas Nieß, ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Tübingen, forscht seit Jahren zu dem Thema. Er sagt: „Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit von Höhentraining im Hinblick auf eine Leistungssteigerung im Flachland.» Gleichwohl zweifelt der Wissenschaftler, der selbst als Leistungssportler aktiv war, den Nutzen des Höhentrainings nicht an. Das größte Potenzial traut er der klassischen Methode „sleep high – train high» zu und empfiehlt, es auszuprobieren.
Alle befragten Experten empfehlen Höhentraining nur erfahrenen Athleten mit guter Grundlage – was vor allem daran liegt, dass sich mit dem Sinn und Nutzen des Höhentrainings für Hobbysportler bislang noch niemand beschäftigt hat. Schwierig daran, da sind sich die Experten einig, ist die präzise Steuerung der Belastungsintensität. Ein Hinderungsgrund für erfahrene, Körperbewusste Freizeitsportler muss das aber nicht sein.
Höhentraining – Konzepte im Vergleich
1. „train high – live high»
Die klassische Form des Höhentrainings: Man lebt und trainiert in der Höhe – wobei tendenziell meist abgestuft in geringerer Höhe trainiert als geschlafen wird. Ideale Bedingungen für diese Methode finden sich aber nur an relativ wenigen Orten weltweit. Berühmt ist beispielsweise das Oberengadin. Dort lässt sich auf flachen Strecken im Talboden auf 1.800 Metern Höhe trainieren und auch ein Abstieg auf 1.000 Meter (Poschiavo) für besonders intensive Trainings ist möglich. Das oberhalb von St. Moritz gelegene Muottas Muragl Hotel auf 2.465 Metern Höhe hat sich darauf spezialisiert, Sportler aufzunehmen, die noch ein bisschen höher schlafen möchten, um den gewünschten Effekt zu maximieren: Im Schlaf sollen sich die roten Blutkörperchen vermehren und so die Sauerstofftransportkapazität des Blutes erhöhen. Trainiert wird auf etwas geringerer Höhe, damit die Intensität des Trainings gegenüber Normalbedingungen nicht allzu sehr gesenkt werden muss und die Muskulatur in Form bleibt.
Fazit: Zeitaufwändige, aber erprobte, natürliche Methode, um Ausdauerleistung zu steigern.
2. „train low – live high»
Die Methode klingt verlockend: Im Tiefland zu trainieren und in der Höhe zu schlafen verspricht die Verbesserung der Form im Schlaf. Die Höhe wird bei dieser Methode häufig künstlich erzeugt: mit speziellen Schlafräumen (Höhenzelte) bis hin zu Höhenhäusern. Vorteil: Da auf der gewohnten Höhe mit normalem Sauerstoffangebot trainiert wird, muss die Trainingsintensität nicht vermindert werden. Allerdings ist eine Mindestaufenthaltszeit von rund 400 Stunden auf 2.500 Metern Höhe erforderlich, um die Anpassungsprozesse in Gang zu setzen – das entspricht rund sechs bis acht Wochen Schlaf im Höhenzelt. Die Technik wird mittlerweile von zahlreichen Radprofis eingesetzt, um ihr Aufbautraining bis hin zur unmittelbaren Wettkampfvorbereitung in der Höhe oder auf Normalniveau zu absolvieren; auch Bergsteiger nutzen Höhenzelte, um die Zeiten für die Akklimatisierung zu verkürzen.
Fazit: Akklimatisierungsmethode ergänzend zum Training. Unbestritten wirksam nur im Hinblick auf verbesserte Atemökonomie
3. „train high – live low»
Das exakte Gegenteil der ersten Methode: In der Höhe trainieren, im Flachland schlafen. Hierbei setzt sich der Athlet im Training nur für kurze Zeit den Höhenbedingungen aus. Die künstliche Höhenatmosphäre mit reduziertem Sauerstoffanteil unter Normaldruck lässt sich mit verschiedenen technischen Methoden erzielen. Entweder wird der Luft über Membran- oder Partikelfilter Sauerstoff entzogen oder es wird zusätzlich Stickstoff hinzugefügt. In beiden Fällen sinkt der absolute Sauerstoffanteil im Luftgemisch und simuliert so die Bedingungen natürlicher Höhe. Diese Form des Trainings in den eigenen vier Wänden zu praktizieren, ist relativ kostspielig. Einen Trainingsraum mit dieser Technik auszurüsten kostet mindestens 25.000 Euro. Diverse Höhentrainingszentren bieten diesen Service jedoch in eigens dafür eingerichteten Räumen an, dann kostet die Stunde ab rund 25 Euro.
Fazit: Ergänzt normales Training. Wirkung zielt in erster Linie auf Verbesserung der Muskulatur ab, interessant für Kurzstreckler
4. Intermittierendes Höhentraining
Beim intermittierenden Höhentraining (IHT) wird wechselweise Höhen- und Normalluft geatmet, zum Beispiel in Intervallen von fünf Minuten für die Gesamtdauer einer Stunde. Dieses Training findet entweder passiv, also ohne sportliche Betätigung und/oder aktiv während des Trainings auf der Rolle statt. Es wurde erstmals in der DDR angewandt, vor allem als Vorbereitung auf Höhentrainingslager. Mittels eines Kreislaufatmungsgerätes wie dem Hypoxator (www.hypoxator.de) können die Kosten gegenüber dem Training in Höhenräumen deutlich gesenkt werden.
David Rosas, der Erfinder des Hypoxators, der ein Maschinenbauunternehmen betreibt und nebenbei auch als Coach arbeitet, hat diese Form des Trainings ursprünglich entwickelt „um Chancengleichheit für meine Athleten zu schaffen, die sich klassisches Höhentraining nicht leisten können». Nach einigen Jahren Erfahrung ist er überzeugt, „dass der Hypoxator ganz neue Möglichkeiten in der Gestaltung von Höhentraining bietet.» Am stärksten profitieren nach Einschätzung von Rosas interessanterweise Kurz- und Mittelstrecken-Athleten: „Das Training mit dem Hypoxator wirkt hauptsächlich auf die Muskulatur und verbessert die anaeroben Fähigkeiten messbar.»
Fazit: Besonders flexible Methode des train high – live low
Voraussetzungen für Höhentraining
+ Gute Grundlage
+ Gesundheit
+ mehrjährige Erfahrung mit Belastungssteuerung
+ hinreichende Zufuhr von Eisen und Vitamin C
+ Höhentrainings sollten nicht erstmals vor einem wichtigen Wettkampf geplant werden
Die häufigsten Fehler im Höhentraining
+ Zu hohe Intensität
+ zu kurze Regenerationszeiten
Beispiel für ein Training nach der Methode Sleep high – train (medium) high:
Beispiel für eine unmittelbare Wettkampfvorbereitung nach Benoit Nave: Das Höhentrainingslager beginnt mit einer fünftägigen Regenerationsphase (blau), in der nur mit geringer Belastung trainiert wird. Ziel ist zunächst die Anpassung an die Höhe. Daran an schließt eine Phase von acht Tagen Ausdauertraining (grün) aber auch zwei intensiven Trainingstagen (rot).
Im zweiten Teil geht der Umfang zurück, dafür wird intensiver trainiert. Das Höhentrainingslager endet zehn bis zwölf Tage vor dem Wettkampf. Unmittelbar vor dem Wettkampf wird die Gesamtbelastung deutlich zurückgenommen. Höhentraining kann als Nebenwirkung sechs bis acht Tage andauerndes Unwohlsein hervorrufen. Sein erstes Höhentraining sollte man im Hinblick auf einen Vorbereitungswettkampf planen, um Erfahrung zu sammeln und das individuell beste Timing zu finden. Nach einer ersten Wettkampfphase folgt dann ein weiteres Höhentraining zur Vorbereitung auf den Hauptwettkampf.
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