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Aerob- anaerobe Schwelle: warum es wichtig ist, seine Schwellenleistungen zu kennen und wie du sie ermittelst

Wer um seine aerobe und anaerobe Schwelle weiss, trainiert effizienter und zielgerichteter. Spätestens, wenn du im Training stagnierst, solltest du dich damit befassen. 

Fabian Stähli, MSc Sport und Bewegung ETH, Physiotherapeut HF, Leiter Leistungsdiagnostik Medbase Luzern Allmend 

 

 

Viele Triathletinnen und Triathleten haben ambitionierte Ziele, aber wenig Zeit. Folglich möchten sie die knappe Trainingszeit möglichst effizient nützen. In der Annahme, dass «hartes» Training schneller macht, bewegen sich insbesondere Amateure oft im aerob-anaeroben Übergangsbereich. Das ist anfangs effizient, denn die aerobe Leistungsfähigkeit steigt schnell.  

Bald aber kommt es zu einem «ceilingeffect» und weitere Fortschritte bleiben aus. Das ist einer der Gründe, weshalb Athletinnen und Athleten ihre aerobe und anaerobe Schwelle kennen sollten. Ein anderer ist, dass sich damit viel zielgerichteter trainieren lässt. 

Jenseits der anaeroben Schwelle ist die Fettverbrennung gleich Null

Im aeroben Bereich trainierst du die Bereitstellung von Energie primär aus der Fettverbrennung. Deine Muskeln sind in diesem Bereich noch ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Die Fettverbrennung verringert sich im Übergangsbereich zwischen aerober und anaerober Schwelle, nun werden vermehrt Kohlenhydrate verstoffwechselt.

Sobald du deine anaerobe Schwelle überschreitest, ist die Fettverbrennung gleich Null. Deine Muskeln sind im anaeroben Bereich nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, es kommt zunehmend zur «Sauerstoffschuld» und zur Bildung von Laktat (Milchsäure). 

Die anaerobe Schwelle ist kein exakt definierter Punkt, sondern ein physiologischer Bereich, in dem Energiebereitstellung allmählich aus dem aeroben in den anaeroben Bereich wechselt. Bei Frauen liegt sie im Durchschnitt tiefer als bei Männern. Die Gründe sind eine im Allgemeinen tiefere Sauerstoffaufnahme, niedrigere Testosteronwerte und kleinerer Muskelanteil als bei Männern.

Triathletinnen und -Athleten, die viel oberhalb der anaeroben Schwelle trainieren, trainieren damit (ungewollt) auch die Laktatbildung in ihren Muskeln (anaerobe Glykolyse).

Keine zu intensiven Intervalle

Mit dem richtigen Training – viel im aeroben Bereich, wenig jenseits der anaeroben Schwelle und möglichst keine zu intensiven Intervalle – gelingt es, die schnellen Muskelfasern «umzupolen», damit sie weniger Laktat bilden. Dieses Prinzip gilt für die Mehrzahl der Ausdauersportler:innen. 

Die einzelnen Trainingsbereiche werden von der Leistung/Laufgeschwindigkeit an deiner anaeroben Schwelle abgeleitet.

Das sind die fünf Trainingszonen

Die Zonen werden typischerweise anhand von Messungen wie Herzfrequenz, Leistung (in Watt) oder Geschwindigkeit definiert.

  • SB Spitzenbereich (höchste Intensität): Verbessert dein VO2max Potenzial. Führe diese Belastungen mit vollem Einsatz aus.
  • EB Entwicklingsbereich (Hohe Intensität): Bereich der anaeroben Schwelle. Verbessert deine „Wettkampfhärte“.
  • GA2 Grundlagenausdauerbereich II (Mittlere bis höhere Intensität): Tempo-Training in Z3 verbessert die allgemeine Ausdauerfähigkeit und die trägt dazu bei, ein hohes Tempo über einen längeren Zeitraum halten zu können.
  • GA1 Grundlagenausdauerbereich (Niedrige bis mittlere Intensität): Dies ist die Grundintensität für jedes Training und die Stufe, auf der das Aufwärmen und Abkühlen durchgeführt wird.
  • KB Kompensationsbereich / Erholungsbereich (Niedrigste Intensität – sehr locker): Trainings in Z1 fördert die aktive Erholung.

Die Kenntnis über die Trainingszonen ist von Bedeutung, um das Training optimal gestalten zu können. Wie sie in 2PEAK berechnet werden, erfährt man in diesem Artikel.

Die verschiedenen Tests

Es gibt eine Reihe von Methoden und Auswertungen, um die Schwellen zu bestimmen:

Der «FTP»-Test

Populär im Radsport/Triathlon ist seit einiger Zeit der «FTP»-Test (FunctionalThreshold Power-Test), der unter Realbedingungen «im Feld» durchgeführt wird. Dabei brauchst du ein gutes Gefühl fürs Pacing, weil du bei diesem Test 20 Minuten so gleichmässig wie möglich auf ebener Strecke mit dem Velo fahren musst. Ein Leistungsmesser am Velo misst dabei deine Leistung in Watt und berechnet den Mittelwert. Mit Hilfe einer Formel lässt sich daraus deine «functionalthreshold power» berechnen. 

Der «FTP» birgt jedoch zwei Probleme: Wenn dein Pacing nicht stimmt, wirst du keine relativ gleichmässige Leistung über die 20 Minuten erbringen können – oder du schöpfst dein Potential nicht voll aus. 

Zudem berücksichtigt die Umrechnungsformel dieses Tests nicht die individuelle Physiologie. In der Berechnungsformel für den «FTP» ist eine pauschale Korrektur von fünf Prozent eingebaut. Sie kann bei einzelnen Menschen aber nur zwei Prozent betragen oder bis zu zehn Prozent. Das sollte man bei der Interpretation des «FTP» berücksichtigen. 

Die Spiroergometrie

Dabei trägt die Testperson auf dem Laufband oder Veloergometer eine Gesichtsmaske, welche die Sauerstoffaufnahme und die Kohlendioxid-Abgabe bei jedem Atemzug misst. Anhand des Verhältnisses von Sauerstoffaufnahme zu Kohlendioxidabgabe lässt sich ableiten, wann die Fettverbrennung maximal ist und ob die Testperson noch im aeroben Bereich oder bereits im anaeroben Bereich läuft oder Velo fährt. Wenn der Stoffwechsel vermehrt anaerob stattfindet, dann wird mehr Kohlendioxid ausgeatmet.

Die Spiroergometrie ermittelt, bei welcher Leistung/Geschwindigkeit und dazugehöriger Herzfrequenz die ventilatorische Schwelle VT1 beziehungsweise die ventilatorische Schwelle VT2 erreicht wird. Bis zur VT1 läufst du im Bereich der Grundlagenausdauer. VT1 bezeichnet den graduellen Übergang von der aeroben zur anaeroben Arbeit im Muskel. VT2 entspricht mehr oder weniger der anaeroben Schwelle aus der Laktatdiagnostik.

Die Spiroergometrie gibt es in zwei Varianten: Als Rampentest, bei dem die Belastung nach einem vorgegeben Protokoll stufenlos allmählich steigt, oder als Stufentest, bei dem die abgefragte Leitung stufenweise erhöht wird. Bei beiden Varianten wird die Belastungsintensität immer mehr gesteigert, bis du gegen Ende des Tests maximal ausbelastet bist.

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Der Laktatstufentest

Beim Laktatstufentest hingegen ist ein Stufenprotokoll mit Stufendauern von drei bis fünf Minuten notwendig, damit sich die im Blut gemessene Laktatkonzentration auf der aktuellen Stufe einpendeln kann. Auch hier wird die Belastungsintensität immer mehr gesteigert, bis du gegen Ende des Tests maximal ausbelastet bist.

In regelmässigen Abständen (alle 3 bis 5 Minuten) wird dabei das Laktat im Blut anhand eines Bluttropfens aus dem Ohrläppchen bestimmt. 

Anhand der Pulswerte und der Laktatwerte lässt sich ermitteln, wann du von der aeroben in die anaerobe Trainingszone wechselst. Die Begriffe «anaerobe» und «aerobe» Schwelle sind ursprünglich Begriffe aus der Laktatdiagnostik.

Gut trainierte Ausdauerathletinnen und -athleten haben tiefere Laktatwerte als schlecht trainierte Personen, weil ihre Muskeln weniger Laktat produzieren und ihr Körper das Laktat besser abtransportieren und recyceln kann. Bei ihnen steigt die Laktatproduktion während des Tests nur langsam an. Erst kurz vor dem Erreichen der anaeroben Schwelle beginnt sie stark anzusteigen. Bei schlecht Trainierten dagegen nimmt die Laktatproduktion bereits einige Zeit vor dem Erreichen der anaeroben Schwelle stark zu.

Beim Laktatstufentest übst du idealerweise die Sportart aus, die du hauptsächlich betreibst. Meist findet er auf dem Laufband- oder Veloergometer statt, seltener beim Schwimmen oder auf dem Ruderergometer.

Am genauesten ist der maximale Laktat-Steady-State-Test, abgekürzt «MLSS». Er ist allerdings nur unter Forschungsbedingungen anwendbar, weil die Versuchsperson dafür mehrfach ins Labor kommen muss.

2PEAK bietet verschiedene einfache, aber effektive Methoden zur Messung der Leistungsfähigkeit unter realen Bedingungen, die so oft wie nötig wiederholt werden können. Hier ein Überblick über die wichtigsten angebotenen Leistungstests fürs Radfahren, Laufen und Schwimmen.

Trainieren mit Hilfe der Borg-Skala

Athleten und Athletinnen mit gutem Körpergefühl und mehreren Jahren Training kommen oft mit der «Borg-Skala» gut hin, benannt nach dem schwedischen Physiologen Gunnar Borg. Für solche erfahrenen Ausdauersportler ist sie ein gutes Mass für das Belastungsempfinden. Der tiefste Wert von sechs entspricht keiner Belastung, der höchste von zwanzig ist die Anstrengung, bei der die Athletin oder der Athlet das maximal Mögliche gibt. Zwischendurch einmal ohne die Pulsuhr zu trainieren, kann dir helfen, ein besseres Gespür für deinen Körper zu entwickeln.

Kohlenhydratzufuhr beachten

Die Kohlenhydratspeicher in den Muskeln (Glycogenspeicher) sind bei intensiveren Belastungen im Bereich der anaeroben Schwelle oder darüber relativ rasch geleert. Um weiterhin die maximale Leistung abrufen zu können, brauchst du dann Kohlenhydrate – aber diese Menge lässt sich nicht beliebig steigern. Im Extremfall ist eine periodische Kohlenhydratzufuhr bis zu 120 Gramm pro Stunde noch verträglich, viele bekommen aber bereits bei kleineren Mengen schon Verdauungsprobleme und können deshalb nicht mehr ihre volle Leistung bringen.

Fazit

Ziel des Ausdauertrainings ist, deine Leistung beziehungsweise die Geschwindigkeit an der anaeroben Schwelle zu verbessern. Dies geschieht zum einen über eine verbesserte, maximale Sauerstoffaufnahme sowie über eine Verbesserung des Fettstoffwechsels respektive einer Reduktion der Laktatbildungsrate.

 

Wer ist Medbase?

Medbase ist das grösste multidisziplinäre sportmedizinische Netzwerk der Schweiz und bietet spezialisierte sportmedizinische Dienstleistungen für Athletinnen und Athleten, Vereine und Sportverbände aller Aktivitätsstufen in den Bereichen Sportmedizin, Sportphysiotherapie, Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung.