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Regeneration Wissensbasis

Schlafstörungen bei Sportlern

Für Sportler ist genügend Schlaf wichtig. Etwa ein Viertel der Schweizer Bevölkerung leidet unter Schlafstörungen. Welche Fakten sollen Sportler kennen?

Sport und Schlaf sind eng miteinander verbunden. Heisst: Für ein wirksames Training braucht der Körper Regeneration durch Schlaf. Und umgekehrt hat nur, wer genügend geschlafen hat, die benötigte Energie für das nächste Training.

Ein idealer Schlafrhythmus, bei dem man sich morgens fit und ausgeruht fühlt, existiert bei vielen Menschen leider nur im Traum: «Ein Viertel der Bevölkerung leidet unter Schlafstörungen», stellte das Bundesamt für Statistik 2012 in einer Erhebung fest. Katharina Stingelin, Humanbiologin und Schlafmedizinerin bei der KSM Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach, geht heute von etwa 20 Prozent aus. «Das bezieht sich aber ausschliesslich auf Insomnie», erklärt sie. Unter diesem Begriff sind Einschlaf- und Durchschlafstörungen sowie frühes Erwachen zusammengefasst. Es gebe etwa 80 Arten von Schlafstörungen, unterteilt in acht Unterkategorien. Die Insomnie sei am weitesten verbreitet und neben der Schlafapnoe (Schlafstörung, bei der die Atmung wiederholt aus- und wieder einsetzt) die bekannteste Art von Schlafstörung.

Dass Schlafstörungen grosse Auswirkungen auf die Gesundheit und Psyche des Menschen haben, wird klar, wenn man bedenkt, welche Funktionen dem Schlaf zugeordnet werden. Zwar sind diese noch nicht abschliessend erforscht, sicher ist aber, dass der Körper in der Nacht alles andere als inaktiv ist: Schlaf ist ein Regenerationswunder, das Immunsystem wird gestärkt, Hormone werden ausgeschüttet und das Gedächtnis gebildet. Doch nicht selten wird Schlaf bei zahlreichen Menschen durch Chemie herbeigeführt: Rund acht Prozent der Schweizer Bevölkerung nimmt Medikamente, um schlafen zu können. Dabei handelt es sich laut Katharina Stingelin allerdings nicht um einen normalen, beziehungsweise physiologischen Schlaf.

Sport beeinflusst den Schlaf…

Inaktive Menschen leiden in der Regel häufiger an Schlafstörungen als aktive. Laut Katharina Stingelin bedeutet «aktiv» aber nicht automatisch Sport. Sie selbst empfiehlt ihren Patienten, sich regelmässig zu bewegen, um die Schlafstörungen in den Griff zu kriegen. Ob jemand ein Lauftraining mache oder einfach einen Spaziergang an der frischen Luft, sei dabei nicht entscheidend. Laut Stingelin zu beachten ist: «Wer Sport macht, sollte das nicht kurz vor dem Zubettgehen tun. Sport am Abend ist zwar okay, aber der Körper braucht dann ein paar Stunden, um nach einer intensiven Leistung das Adrenalin abzubauen und sich zu beruhigen.»

Deshalb sei am Abend eher ein lockeres Ausdauerprogramm ohne hohen Puls empfehlenswert. Wer einmal pro Woche ein spätes Training macht, zum Beispiel in einem Verein, und danach nicht einschlafen kann, hat deswegen noch keine Schlafstörungen. «Das ist normal und hat dann ja einen nachvollziehbaren Grund», so die Schlafmedizinerin.

Die meisten Menschen befinden sich am Vormittag etwa um zehn Uhr auf einem Leistungshoch. Der Körper hat morgens mehr Testosteron und deshalb auch mehr Energie für den Muskelaufbau. Training vor dem Mittag lohnt sich also, auch wenn die persönlichen Faktoren (z.B. Arbeitszeiten, Schulbeginn Kinder usw.) je nach persönlicher Situation ebenfalls zu berücksichtigen sind. Perfekt wäre der Mittagsschlaf nach dem Morgentraining, was sich die meisten Berufstätigen allerdings nur selten gönnen können.

Fitnesscenter, die 24 Stunden geöffnet haben, sind zwar hilfreich für alle jene Menschen, die zum Beispiel aufgrund von Schichtarbeiten sonst nicht dazu kämen, «Muskeltraining mitten in der Nacht ist aber gegen die Natur des Menschen», sagt Katharina Stingelin.

Bei Leistungssportlern können Schlafstörungen ein Zeichen für ein Übertraining sein. Aber auch der mentale Faktor kann eine Rolle spielen, wenn Sportler nachts kein Auge zudrücken: Eine Umfrage des Bundesamtes für Sport hat ergeben, dass an den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 jeder dritte Schweizer Sportler an Ein- oder Durchschlafstörungen litt.

… und umgekehrt

Genügend Schlaf ist ein wichtiger Faktor für sportliche Höchstleistungen, und umgekehrt chronischer Schlafmangel laut dem Bundesamt für Statistik «ein Leistungskiller». Über die Hälfte der Personen mit Schlafstörungen weisen ein geringes Energie- und Vitalitätsniveau auf. Auch die Verletzungsanfälligkeit ist beim Sporttreiben unter Schlafmangel deutlich erhöht.

Laut Katharina Stingelin wirken sich einzelne Nächte mit wenig oder schlechtem Schlaf kaum aus auf die sportliche Leistungsfähigkeit aus (z. B. Nervosität vor einem Wettkampf). Wer allerdings lange unter Schlafstörungen leide, könne nur schwer trainieren. «Meistens sind betroffene Patienten ohnehin so antriebslos, dass sie gar nicht an Sport denken können.»

Ob und wie viel Training der Körper leisten kann ohne Schlaf, sei schwer zu sagen, so Katharina Stingelin weiter. Dass ein Mensch gar nicht schlafe, sei aber selten. «Häufig hat man das Gefühl, die ganze Nacht kein Auge zugetan zu haben, täuscht sich aber meistens.» Dem Körper zuliebe sollte trotzdem gelten: Wer sportlich viel leistet und gleichzeitig Schlafstörungen beklagt, sollte unbedingt versuchen, diese in den Griff kriegen. Und erst dann wieder an intensives Training denken.

Dieser Blogbeitrag von Sharon Kesper wurde durch Fit for Life zur Verfügung gestellt. Fit for Life ist das Schweizer Magazin für Fitness, Lauf- und Ausdauersport. Möchtest du regelmässig solche Artikel lesen? Dann klicke hier.