Rollentraining ist für viele Radsportler mehr Zweckbeziehung als Liebe auf den ersten Blick. Wer sich auf die Rolle einlässt, entdeckt aber faszinierende Möglichkeiten um besonders effizient und spezifisch trainieren zu können.
Die Rolle kommt bei Freizeitsportlern vor allem dann zum Einsatz, wenn draußen nicht mehr viel geht: bei Minusgraden, Dauerfeuchte oder Dunkelheit ist die Rolle ein akzeptiertes Trainingsmittel. Profisportler setzen die Rolle aber rund ums Jahr ein – und das nicht nur zum Aufwärmen und Ausfahren sondern durchaus auch, um gezielte Trainingsreize zu setzen. Die Rolle ist also mehr als eine Notlösung.
Leistungsmessung
Welche Art von Indoor-Trainer Sie benutzen, ist sekundär. Wichtiger als die perfekte Bremse ist die exakte Leistungsmessung für die Trainingssteuerung. Exakt heißt das: am besten ein herkömmliches Powermeter benutzen – Kraftmesskurbel, Leistungsnabe oder Messpedal. Rollen mit eingebauter Leistungsanzeige aber ohne richtige Messtechnik sind zu ungenau um Belastungen exakt zu dosieren und Trainingsfortschritte zu erfassen. Die große (und teure) Lösung sind Ergometer von SRM & Co, die den runden Tritt und eine perfekte Leistungsmessung kombinieren.
Die Leistungsmessung ist nicht nur zur Steuerung der Intervalle optimal, sie dient zugleich der Motivation. Denn eines ist klar: Um auf der Rolle volle Leistung zu bringen bedarf es einer sehr hohen Motivation. Das liegt daran, dass äußere Reize fehlen – und damit das, was Radfahren eigentlich ausmacht. Direkte Folge der mangelnden Sinneseindrücke ist eine gesteigerte Aufmerksamkeit für Ablenkungen aller Art. Die ganze Aufmerksamkeit richtet sich nach Innen. Wenn man an die Belastungsgrenze geht, was beim Intervalltraining unweigerlich der Fall ist, bekommt der innere Schweinehund also mächtig Futter. Das Indoor-Training wird bei gleicher Belastung subjektiv deutlich härter empfunden als draußen.
Objektive Leistungswerte
Das Erreichen und Halten von objektiven Leistungswerten ist für leistungsorientierte Sportler daher ein wichtiger Ansporn. 300 Watt sind 300 Watt. Wer sie draußen treten kann, kann sie auch drinnen treten. Aus Trainingssicht kann man die Rollensituation dazu nutzen, den Kopf zu trainieren. Die Regulierung der Leistung erfolgt schließlich wesentlich über das Gehirn. Dort laufen alle Informationen der Körpersensoren zusammen. Das Gehirn lässt sich wie ein Muskel darauf trainieren, eine höhere Leistung auszuhalten. Dies ist ein wichtiger Schritt, um Leistungsgrenzen sukzessive zu verschieben.
Welche Rolle äußere Reize und auch innere Bilder dabei spielen, kann man in der Laborsituation Rollentraining leicht erproben. Mit aufputschender Musik und motivierenden Bildern vor Augen, ist die subjektive Anstrengung geringer. Die Bilder können auch imaginäre Bilder im Kopfkino sein. Rekapitulieren Sie eine erfolgreiche Rennsituation, und schon fällt das Treten leichter. Um diese Nuancen zu erfassen, benötigt man aber unbedingt eine objektive Information zur wahren Belastung – und die liefern nur präzise Messinstrumente für die Tretleistung.
Überhitzung treibt den Puls
Die Herzfrequenzmessung ist auf der Rolle leicht irreführend. Dies liegt an der Überhitzung. Bei 200 Watt Tretleistung erzeugt der Körper zusätzlich 600 Watt Abwärme. Bei 400 W sind es bereits 1200 Watt Heizleistung. Diese Abwärme erhöht die Körpertemperatur, was sich nachteilig auf die Leistung auswirkt. Zwecks Kühlung wird verstärkt Blut an die Hautoberfläche geleitet.
Damit die Muskeln trotzdem weiter adäquat versorgt werden können, nimmt die Herzfrequenz zu. Datensätze längerer Rollentrainings zeigen einen deutlichen Drift der Herzfrequenz: bei konstanter Leistung legt der Pulsschlag zu. Der Puls ist daher kein guter Ratgeber für intensive Trainings. Versuche die Überhitzung so gut wie möglich zu vermeiden. Achte zugleich auf eine gute Kühlung. Trainiere mit Ventilator oder am offenen Fenster oder stelle die Rolle gleich nach draußen.
Was soll trainiert werden?
Ideal geeignet sind vor allem intensive Intervalltrainings, vom GA2 bis zum Spitzenbereich (SB). Bei den intensiven Belastungen kann die Rolle ihre Vorteile voll ausspielen: Leistung, Trittfrequenz, Belastungszeit und Erholungszeit lassen sich exakt timen. Kein Verkehr stört und auch keine wellige Topographie. Hinzu kommt der mentale Aspekt des Trainings wie oben beschrieben.
Ein sehr wichtiger Trainingsparameter, der sich auf der Rolle besser steuern lässt als draußen, ist die Trittfrequenz. Die meisten Radfahrer haben einen eng begrenzten Bereich der bevorzugten Trittfrequenz – der optimale Bereich ist auch abhängig von der Leistung (höhere Leistungen erfordern höhere Frequenzen). Trainieren Sie ihre Flexibilität und treten Sie abwechselnd deutlich schneller und langsamer als normal.
Rollentrainings können sehr effizient gestaltet werden. Schon ab 30 Minuten Länge kann man wirksam trainieren. Mehr als eine Stunde ist meist nicht notwendig. Stundenlanges Grundlagentraining hingegen ist kein Stoff für die Rolle. Spare dir dieses Training und investiere lieber in die Qualität der Intervalltrainings.
Der 2PEAK-Trainingsplan verkürzt Training automatisch, wenn Rollentraining geplant wird und erhöht die Intensität. Sie können das Rollentraining auch als Crosstraining einsetzen und mit anderen Trainingsformen kombinieren.
Beispiele für Crosstrainings
Zirkeltraining
10 Minuten Warm up auf der Rolle
10 Minuten Zirkeltraining an verschiedenen Stationen im Wechsel, je 30-45 Sekunden Belastung und 15-30 Sekunden für den Wechsel, belastete Muskeln abwechseln; z.B. Liegestütze, Seilspringen, Situps, Kniebeugen, Klimmzüge, Strecksprünge usw. ggf. zweiter Satz Belastung
10 Minuten Ausfahren
Ergänzung eines Ausdauertrainings
VO2max-Intervalle auf der Rolle im Anschluss an eine ruhige winterliche Trainingsfahrt draußen
Ausfahren nach einem Lauftraining
Radfahrer, die nach dem Joggen ausfahren, erholen sich schneller vom Laufen.
Die Argumente fürs Rollentraining:
Plus:
+ Präzise Steuerung von Leistung und Trittfrequenz
+ unabhängig von Wetter, Verkehr und Topgographie
+ Exakter Leistungsvergleich möglich >Trainingswirkung wird sichtbar
+ schult die Willenskraft (Gehirn als Limiter)
+ zeiteffizient
Minus:
– Gefahr der Überhitzung
– Herzfrequenz driftet
– Monoton
– hohe subjektive Anstrengung
– Tretgefühl je nach Rolle beeinträchtigt
Tipps:
- Nur mit Plan/klarer Trainingsstruktur trainieren
- Kurz und intensiv trainieren
- Exakte Leistungsmessung benutzen
- Puls nicht überbewerten, auf Kühlung achten
- Trainingszeit nicht unnötig ausdehnen