Es ist nie einfach, das Training über das gesamte Jahr und die verschiedenen Jahreszeiten zu planen. In diesem einzigartigen Jahr hat sich dies aber zusätzlich noch schwieriger gestaltet. Wir haben uns mit IRONMAN-Weltmeister Sebastian Kienle darüber unterhalten, wie er derzeit das Training steuert und wie auch wir «normalen» Sportler durch diese Zeiten hindurch trainieren sollten.
Interview mit Sebastian Kienle
2PEAK: Wir haben ja eine längere Phase ohne Ziele/Wettkämpfe hinter uns und eine mit unbekannter Dauer noch vor uns. Wie geht man dies trainingsweise ideal an?
Kienle: Als Profi ist das natürlich etwas anderes wie als Amateur. Als erstes sollte man sich trotzdem ein Ziel Setzen. Das Ziel kann ja auch im Oktober 2021 oder in 2022 liegen. Als nächstes ist es sicher Sinnvoll sich auf diesem (dann sehr langen) Weg Zwischenziele zu setzen, in diesem Fall eben keine Rennen sondern Tests die man auch alleine durchführen kann. Dazu ist es wichtig sich Freiheiten zu nehmen und auch einfach mal das zu tun worauf man Lust hat.
2PEAK: Ist eine Pause in einem Jahr wo wir wenige/keine Wettkämpfe hatten überhaupt nötig und wenn ja, wie lange sollte diese sein?
Kienle: Ich werde in diesem Jahr keine wirkliche Pause machen wie ich das in der Vergangenheit gemacht habe. Der Körper braucht die Pause wahrscheinlich nicht wirklich. Es ist eher die mentale Erschöpfung und die ist in diesem Jahr sicher nicht ganz so groß. Trotzdem muss man natürlich etwas Dampf rausnehmen. Es macht keinen Sinn zu probieren die Form das ganze Jahr über hoch zu halten. Aber auch da gibt es große Unterschiede wenn man den Sport als Profi ausübt oder als Amateur.
Hier kann man mehr darüber lesen, wann man Trainingspausen einlegen sollte und wann nicht
2PEAK: Siehst du dies als eine Chance um Defizite/Limitierungen auszubügeln?
Kienle: Absolut. Das war für mich das ganze Jahr über die große Motivation in so einer langen Phase ohne Rennen liegt natürlich auch eine große Chance ohne den Druck Langfristig zu arbeiten.
2PEAK: Was hältst du vom spezifischen arbeiten an der Technik (Kadenz Training beim Laufen/auf dem Rad, spezifisches Technik-Training beim Schwimmen, etc.)? Wie geht man idealerweise dabei vor?
Kienle: Sicher einer der Schwerpunkte die man jetzt legen sollte. Gerade über die Langdistanz haben viele Athleten kaum Reserven was Frequenzen (in allen drei Disziplinen) angeht. Ab und zu kurze, sehr intensive Intervalle einzubauen wirkt hier nicht nur Wunder was die Fitness angeht, sondern auch bezüglich der Technik.
2PEAK: Was hältst du von Krafttraining in dieser Zeit und welche Rolle generell spielt Kraft im Triathlon?
Kienle: Gerade im gesetzten Athletenalter wird das zunehmend wichtig. Krafttraining heißt hier aber nicht einfach große Paddels anziehen oder einen dicken Gang treten sondern Arbeit im Kraftraum. Hier sollte man sich auf sechs bis zehn Übungen konzentrieren. In der jetzigen Phase kann man da etwas mehr machen. Man sollte das Programm dann aber auch im Sommer nicht komplett einstellen.
2PEAK: Was hältst du von der umgekehrten Periodisierung, also in der kalten Jahreszeit mehr auf kurze intensive Trainings zu setzen und wenn die Tage wieder wärmer und länger werden die Umfänge zu erhöhen? Vor allem für Altersgruppen / Athleten welche noch eine Arbeit und andere Prioritäten haben.
Damit wäre im Frühjahr, wenn die Tage wärmer und länger werden, der Übergang zum *polarisierten Training, wie das 2PEAK für die Altersklassen Athleten plant, Bedingung. (*also einerseits sehr intensive kurze Intervalle und auf der anderen Seite sehr langes und langsames Training mit dem Ziel die Fettverbrennung zu verbessern)
Kienle: Für mich hat es sich vor allem in diesem Jahr bewährt die Zündschnur immer von beiden Seiten anzuzünden. Also auf der einen Seite hochintensive kurze Intervalle, auf der anderen Seite ruhige Einheiten im Fettstoffwechsel. Es ist erstaunlich wie schnell man dann innerhalb von nur drei Wochen, in denen man spezifische längere Intervalle im Bereich der Race Pace trainiert, in top Wettkampfform kommt.
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